Was verbirgt sich hinter dem Label Coaching?
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2.2 Motive für die Coaching-Nachfrage in der Personalentwicklung
Das Coaching als Einzelberatung für das Top-Management
durch einen organisationsexternen Coach war Mitte der 80-er
Jahre eine Reaktion auf die typische Problemsituation einer elitären
Klientel (Böning, 1994, S. 174f.). Zu den spezifischen Problemen
gehören: Die Erwartung der Umwelt von Spitzenleistungen;
der Konkurrenzdruck von Kollegen und fordernden und
sich profilierenden Mitarbeitern. Diese Konstellationen führen
unter anderem dazu, dass neutrale Rückmeldungen auf das
eigene Verhalten der Manager kaum noch von ihnen erwartet
werden. Dieser Mangel an Feedback hat bedeutsame Folgen:
„Allmachtsvorstellungen, Isolationsgefühle und Einsamkeit, Leistungsverlust,
Wahrnehmungsverzerrungen, Beurteilungstendenzen
(„Betriebsblindheit“), Verhaltenseinschränkungen, Motivationsprobleme“
(Rauen, 2003, S. 1).
Diese Problemlage ist nicht nur allein auf das Top-Management
beschränkt, sondern ist fast allen Führungskräften und Selbständigen,
in mehr oder minder starkem Ausmaß bekannt
(Schreyögg, 1999, S. 62; Rauen, 2001, S. 28f.). Entsprechende
Schwierigkeiten wurden durch die Tendenz, diese Probleme zu
ignorieren, häufig noch verschärft. Führungskräfte haben Angst
davor, dass ihnen ihre Probleme als Schwäche ausgelegt werden
könnte und sie dadurch an Ansehen verlieren. Ihre Führungsrolle
interpretieren sie dementsprechend einseitig, weil sie
meinen, diese müsste ihnen alles abverlangen. Gleichzeitig
schützt diese Rolle, die es ihnen aber auch ermöglicht neurotisches Verhalten, persönliche Macken, Alkoholismus, Medikamenten-
und Drogensucht, von der Umwelt oft toleriert, auszuleben
(Rauen, 2001, S. 28). Bei dieser Art von Problemkonstellationen
ist Coaching natürlich nicht mehr die adäquate Arbeitsform.
Hier gehört die Organisation zu einem nach gelagerten
zuständigen Psychotherapeuten oder Psychiater zu der Verantwortung
eines Coaches (Looss, 1997, S. 137f.).
Ende der 80-erJahre waren über 75 % persönliche Problemlagen
die Anlässe für ein Coaching. Die Auslöser für ein Coaching
haben sich zwischenzeitlich stark modifiziert - siehe Abbildung 2.
Abbildung 2:
Motive für ein Coaching (Quelle: Böning, 2000, S. 30)
Wie aus der Abbildung zu ersehen ist, sind heute die wichtigsten
Anlässe für ein Coaching die Verbesserung der Führungssituation
und die Vorbereitung auf neue Aufgaben. Außerdem
werden mit fast 25 % der Nennungen Veränderungsvorhaben,
Konflikte, Verhaltensdefizite und Folgemaßnahmen benannt.
Persönliche Problemlagen sind 1998 hingegen für einen Coaching-Anlass
nahezu bedeutungslos geworden.
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