Was verbirgt sich hinter dem Label Coaching?
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2.3 Begriffsdefinition
Im deutschen Sprachraum werden unter dem Oberbegriff
„Coaching“ viele verschiedenartige Verfahren verstanden, so
dass im Laufe der Entwicklung des Begriffes ein Übermaß an
Definitionen, Methoden und Verfahrensweisen entstanden sind
(Rauen, 2001, S. 39). In diesem Zusammenhang spricht Böning
(1994) vom Coaching dann auch als „Container-Begriff“,
„ ... in den jeder hineininterpretiert, was er gerade braucht, um
das eigene Dienstleistungsangebot möglichst attraktiv erscheinen
zu lassen“ (ebd. S. 172).
Obendrein wird der Begriff zum Teil wenig differenziert und zudem
ungenau verwendet. Folgerichtig schreibt König (1993):
„Das Konzept und die Methode des Coachings sind noch nicht
vorhanden. Es gibt viele Konzepte, wie es Personen hat“ (ebd.,
S. 424).
Wenngleich seit Erscheinen dieses Artikels 13 Jahre vergangen
sind, so hat Königs Urteil an Aktualität nichts verloren. Ganz im
Gegenteil, es ist seit den 90-er Jahren zu einer Inflation des Begriffs
„Coaching“ gekommen. Und aus diesem Coaching-Boom
sind viele neue Begriffe erschaffen worden. Hier eine kleine
Auswahl: „EDV-Coaching, Management-Coaching, Rollencoaching,
Individual-Coaching, Konstruktivistisches Coaching,
Systemisches Coaching, Messe-Coaching, Time Coaching,
Crash-Coaching, Inner Coaching, NLP-Coaching, Manager
Coaching, Persönlichkeits-Coaching, Selbst-Coaching, Meistercoaching,
Mitarbeiter-Coaching, Projekt-Coaching, Bussiness-
Coaching, Organisations-Coaching, Team-Coaching”
(Rauen, 2001, S. 39).
Ein grundsätzlich anderes Verständnis von Coaching ist in den
USA und Großbritannien anzutreffen. Dort wird Coaching fast
ausschließlich als entwicklungsorientiertes Führen von Vorgesetzen
verstanden (ebd., S. 40).
Im deutschen Sprachraum ist es bis heute nicht gelungen eine
einheitliche, allgemein akzeptierte und verbindliche Definition
in Bezug auf Inhalt und Form des Coaching zu finden. Trotz all
dieser definitorischen Probleme lassen sich eigentlich genügend fundamentale Merkmale analysieren, die ausreichend
Abgrenzungen zu anderen Systemen aufzeigen (ebd., S. 41).
So lassen sich beispielsweise fast alle Coaching-Formen auf der
Zeitebene den mittelfristigen Realisierungen zurechnen. Im
Sonderfall sind die Grenzen hier aber auch eher fließend.2 Auf
der Qualifikationsebene muss der Coach zwischen dem Spezialisten und Generalisten eingestuft werden – siehe Abbildung
3.
Abbildung 3:
Korrelation zwischen Zeit – und Qualifikationsebene (Quelle: Rauen, 2001, S. 42)
Auf der Basis der bisherigen Erläuterungen kann unter dem
Begriff „Coaching“ eine „Kombination aus individueller, unterstützender
Problembewältigung und persönlicher Beratung auf
Prozessebene für ein breites Spektrum von beruflichen und privaten
Problemen“ (Rauen, 2001, S.63) verstanden werden. Allgemeine
Übereinstimmung besteht darin, dass das oberste Ziel
von Coaching immer die Hilfe zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung
sein muss (Jung, 1991, S. 139; Czichos, 1991, S. 67;
Birkenbihl, 1992, S. 8; Rückle, 1992, S. 70; Bayer, 1995, S. 93; Rauen,
2001, S. 63). Es ist nicht die Funktion des Coaches die Probleme
seiner Klienten zu lösen; dies müssen die Klienten letzten
Endes immer selber leisten. Der Coach übernimmt vielmehr die
Verantwortung den Beratungsverlauf so zu steuern, dass der
Klient einen optimalen Zugang zu seinen Ressourcen entwickeln
kann, er sich neue Wahlmöglichkeiten erschließt, die
dann von ihm auch genutzt werden. Somit ist das Ziel eines
Coaching immer auch die Wahrnehmung, das Erleben und
das Verhalten zu erweitern bzw. zu verbessern - siehe Abbildung 4.
Abbildung 4:
Definition von Coaching (Quelle: Rauen, 2001, S. 64)
Der Coach handelt während des gesamten Beratungsprozesses
stets transparent und auf der Basis mit dem Klienten zuvor
erörterter „Spielregeln“. Der Ausgangspunkt aller Aktionen ist
die persönliche Beziehung zum Klienten.
Coaching verläuft nicht einseitig, in dem der Coach den aktiven
Part übernimmt und seine Tätigkeit am Klienten vollzieht,
sondern versteht sich als einen interaktiven Prozess auf gleicher
Beziehungsebene.
2 Einen Sonderfall bildet das so genannte Langzeit-Coaching. Hier wird der
Klient, meist eine hochrangige Führungskraft, unter Umständen über mehrere
Jahre hinweg begleitet. Die Termine haben dann einen ca. vierwöchigen
Rhythmus (Schreyögg, 1999, S. 305 f., S. 317f.).
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